Sonntag, 31. Januar 2010

Helden in Strumpfhosen


Mit Beinkleidern von Superhelden verstärkt ein großer deutscher Dienstleister zur Zeit den Auftritt seiner gemeinen Event-Stehtische. An einer Seite ist ein langer Reißverschluss in den Stretch-Stoff genäht, der das An- und Ausziehen ermöglicht. Interessanter Ansatz, aber die Tischoberfläche sah in ihrem benutzten Zustand schon nicht mehr einladend aus.
Mich erinnerte der Anblick an die Übungen zu Minimalflächen, die wir im Studium bei Alfred Hückler gemacht haben. Und der wiederum zeigt Ende März einige seiner Arbeiten im Mathematikum in Gießen. Auf deren Seite habe ich noch keine Information dazu gefunden. Wird nachgeliefert.

Dienstag, 26. Januar 2010

mottenecht

Wolldecke © Harri Brill 2010
Kommt nicht alle Tage vor, dass eine Wolldecke meine Aufmerksamkeit so auf sich zieht. Hat sicher mit dem Wetter zu tun und den bevorstehenden S-Bahnfahrten. Bin beim Trödler und suche eigentlich gar nichts. Meine Augen finden einen ruhenden Pol. Die einzige einfarbige in einem Haufen grellbunter Decken. Aus der Skala der Grüntöne ist das hier ein angenehmer. Ein Blick aufs Etikett: Komisches Logo, alte Sprache. "Mottenecht durch Eulan". Bayer Leverkusen. Das Misstrauen kommt wie ein Reflex von René Adler. Habe gerade hier nachgesehen. Bisher keine Beweise für schädliche Einflüsse Eulans auf die Gesundheit, trotz ähnlicher Molekülstruktur wie einige Dioxine. Wahrscheinliche Nebenwirkung anderer Art: Ab heute wird auch jemand auf dieser Seite landen, der den Begriff "eulanisiertes Rheumakatzenfell" in den üblichen Suchmaschinen bemüht.

Donnerstag, 21. Januar 2010

Steinbock oder Wassermann,

keine Ahnung, unter welchem Stern mein Blog steht, aber heute vor einem Jahr stand hier mein erster Post, wie ich gerade gesehen habe.
Ich danke Euch allen für Euer Interesse und Anke, Kai und Wolf für die Aufmunterung damals, das Ding überhaupt zu starten.

Wagen heizt nicht


Der Bahnsteig Bornholmer Straße und das Warten an diesem zugigen Ort heizen jedenfalls auch nicht. Die Bratwurst tut es ihnen gleich, denn der Imbiss auf meiner Bahnsteigseite hat schon zu. Die Chefs, sehr nette ehemalige französische Besatzungssoldaten, lassen abends nur noch den zweiten Imbiss auf dem Bahnsteig gegenüber offen.
Also nehme ich diesen schattigen Zug. Eigentlich mag ich die Baureihe mit den cremefarbenen Wänden, den lila Handstangen und den pudrig-roten Türen. Nicht wegen der Farben, sondern wegen des schlichten, offenen und hellen Interieurs.
Leider werden die Sitze zunehmend mit schweißtreibenden bekämpfe-die-Graffitti-mit-hässlicherer-Graffitti-Bezügen ausgestattet. Und früher waren die Haltestangen schön so eingebaut, dass sie von den Rückenlehnen der Sitzbänke schräg nach oben in die Decke gingen. Die Türen spinnen bei dieser Zuggeneration oft, aber dafür können die Designer nichts.
Zur Zeit verbringe ich mal wieder täglich zwei Stunden in S- und U-Bahn. Größere Pannen sind mir zum Glück bisher erspart geblieben.

Freitag, 15. Januar 2010

Film zum Schnee

Wer dem dahinschmelzenden Schnee nachtrauert und illustrierte Märchen mag, dem sei der Film "House Of The Flying Daggers" von Zhang Yimou aus dem Jahre 2004 empfohlen. Wenn ich mich recht erinnere, sieht man für die letzte halbe Stunde nur zwei Menschen im dichten Schneeftreiben.
Vorher gibt es ballistisch kunstvolle Ausflüge der besagten Dolche und eine umwerfende Kampfballet-Szene zwischen den haushohen Stielen eines Bambuswaldes.
Und Lisa Gerrard hat eventuell auch wieder mir der Musik zu tun gehabt, aber hier finde ich es nicht raus.

Werkbundkiste


Eine weitere Entdeckung aus dem Werkbundarchiv möchte ich Euch nicht vorenthalten. In den Sechziger Jahren war das Design von Alltagsgegenständen Thema des Schulunterrichts.
Hier der Ausstellungstext:
„Zur Geschmackserziehung in den Schulen hatten, weitgehend unabhängig voneinander, der Werkbund Berlin, der Werkbund Nord, das Karlsruher Landesmuseum und die Neue Sammlung München so genannte Werkbundkisten herausgegeben. Diese waren mir Mustern vorbildlich gestalteter Alltagsgegenstände ausgestattet. Den Schülern sollte die Möglichkeit geboten werden, moderne Gestaltung zu ‚begreifen’ und en Einfluss der Gebrauchsanforderungen, des Materials und der Herstellung auf die Produktform zu erkennen.
Es gab Ausführungen zu verschiedenen Themengruppen, wobei entweder Funktionseinheiten (‚der gedeckte Tische’, Der Arbeitstisch’), Objekttypen (‚die Vase’, ‚Das Besteck’) oder verschiedene Materialien (‚Kunststoff’, ‚Porzellan’) im Vordergrund standen.
Zusätzlich erhielten die Kisten zum Teil Fototafeln mit historischen Beispielen und gaben in speziellen Heften Beurteilungskriterien für die gute Form an die Hand.“

Dienstag, 12. Januar 2010

Brieffreunde


Soweit ich weiß, waren meine Freundin K. und ich die letzten Menschen, die sich in diesem Jahrtausend noch Briefe geschrieben haben. Ungefähr jedes halbe Jahr ein paar Seiten. Sie wohnt nicht in Berlin, und ich bin kein großer Telefonierer.
Irgendwann sind wir, nach kurzem Bedauern, aus praktischen Gründen auf E-Mails umgestiegen. Das ist soweit auch in Ordnung, wir hängen ja alle sowieso jeden Tag im Netz.
Aber immer, wenn ich doch mal abends losgehe und vor 21:45 Uhr einen Brief oder eine Karte in diesen Kasten in der Pflügerstraße stecke, fasziniert mich, dass die Sendung am nächsten Tag schon beim Empfänger ist. Zumindest innerhalb Deutschlands. In fast allen Fällen ist diese Geschwindigkeit absolut ausreichend. Schade nur, dass die Post inzwischen stillschweigend montags kaum noch zustellt.

Samstag, 9. Januar 2010

Buch zum Schnee


Nichtendenwollender Schneefall schließt die türkische Provinzstadt Kars von der Außenwelt ab. Hier, im Grenzgebiet zu Georgien, Armenien und dem Iran liegt für ein paar Tage der Deckel auf dem Topf, in dem sich Militärs, Islamisten und Kurden gegenseitig belauern. Jeder kennt jeden, und jeder kennt den Journalisten und Poeten Ka, den es aus dem deutschen Exil in seine Heimatstadt verschlagen hat.
Klar gibt es auch eine Liebesgeschichte. Doch die Hauptdarsteller sind der Schnee, die türkische Selbstwahrnehmung, ein Theater, ein Hotel und die gespenstische Kulisse dieser untergehenden Stadt.

Freitag, 8. Januar 2010

Heute schon

startet um 19:00 Uhr die Ausstellung "Sicht Verhältnisse" in der Galerie Stedefreund, Dorotheenstr. 30 in Berlin Mitte. Alle hin!

Dienstag, 5. Januar 2010

alt und neu



Jahr vorbei, Kuli leer. Das passt doch. Habe mich aber schon mit Nachschub eingedeckt.
Guter Zeitpunkt auch, um ein neues Notizbuch anzufangen. Neu ist das Exemplar unter den Stiften nicht, aber die Seiten sind noch unbeschrieben. Auf dem Flohmarkt Marheinekeplatz günstig erstanden.
Das erste der etwa 25 noch schön farbig retuschierten Fotos zeigt Mao vor einer roten Fahne mit den Köpfen der anderen Granden des Kommunismus, zu denen hier auch noch Stalin gerechnet wurde.
Äußerlich ist das Buch eine betagte und ehrwürdige Variante dieser chinesischen Bücher mit dem bunten Stoffeinband, der mich, bei allem Respekt, immer ein bisschen an Pyjamas erinnert.

Sonntag, 3. Januar 2010

Brücken schlagen


ins Neue Jahr. Die jeweils eimergroßen Böllerbündel sind vermutlich die Reste von Jimmy Woo’s Sylvestersprengsatz, mit dem er zum Jahreswechsel die Hobrechtbrücke hochjagen wollte, wie ich bei Kai gelesen habe.

Die Brücke steht noch am selben Ort wie vorher; und Jimmy Woo wahrscheinlich auch, am Herd seines laotischen Restaurants für Geduldige in der Friedelstraße.
Das Backsteingebäude im Hintergrund ist die katholische St. Christopherus-Kirche in der Nansenstraße. Keine Ahnung, was die Kracher hier machen. Sieht nicht aus, als wären sie an dieser Stelle gezündet worden.

Sind schon prägnante Themen des neuen Jahres am Horizont zu erspähen?
Ich habe so eine Ahnung, was zumindest in meinen Augen das Produkt 2010 in Berlin werden könnte. Genauer gesagt: Die Produktgruppe. Eine starke Häufung dieser praktischen aber zumeist unkleidsamen Gegenstände im Stadtbild ist mir bereits letztes Jahr aufgefallen. Später mehr dazu.
 
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