Freitag, 27. Februar 2009

Trödel


Beim Ausverkauf meines Büroinventars öffnete ich zum ersten und letzten Mal die Tür meines Ladenbüros für zufällige Besucher, Passanten und wenn man so will, Laufkundschaft. Ich hatte noch ein paar Dinge von zu Hause mitgebracht, von denen ich mich trennen wollte. So saß ich die letzten zwei Monate in einem fast naturgetreuen Trödelladen, einer meiner schlummernden, alternativen Lebensentwürfe.
Damit habe ich sozusagen mein Trödlerpraktikum absolviert und dabei eine Menge gelernt.
Nicht jeder bringt überhaupt die Neugier und den Mut auf, so einen halboffiziellen Laden zu betreten. Da liegen die mobilen Charaktere ganz weit vorne, Touristen oder neu Hinzugezogene. An der Spitze der Amerikaner A., der nicht nur u. a. fünf Leuchten und vier Mundharmonikas bei mir kaufte, sondern auch ein freundlicher Kunde war, mit dem man sich gut unterhalten konnte. Er war ein smarter Verhandlungspartner und wusste genau, was er wollte. Wunderbar, wie gründlich er sich umsah und wie er ab und zu wiederkehrte um zielstrebig die nächsten Sachen zu kaufen.
Dann gab es einen beeindruckenden Jungen von zehn Jahren, der auf ein außergewöhnliches anthroposophisches Mathebuch so abfuhr, dass er es sogar von meinem Schülerpreis von 1,50 auf zwei Euro hochsteigerte. Ich hätte es ihm am Liebsten geschenkt, aber das kommt bei den meisten Kunden nicht gut an, wie ich später wieder feststellen sollte. Er fragte mich dann noch, ob ich nicht auch etwas Lustiges zu verkaufen hätte.
Meine Lieblingskundin war eine Nachbarin aus der Straße, die oft hier vorbeikam. Sie trat an die Tür und sagte, sie käme an einem anderen Tag noch mal mit ein bisschen mehr Zeit. Machte sie auch wahr und streifte dann in aller Ruhe durch das Sortiment. Sie ließ sich bereitwillig etwas zeigen, aber hatte einen unbeirrbaren Geschmack. Kaufte beim ersten Besuch gar nichts, weil sie nichts wirklich brauchte. Wollte das Gesehene erst mal sacken lassen. Kam dann treu wie Gold wirklich noch mal wieder und handelte sich ganz sachlich eine schöne Deckenleuchte und die Sonnenbrille runter. Das Messer, das ihr spontan gefallen hatte, wollte sie nicht geschenkt haben, aber über den weißen Bürocontainer denkt sie hoffentlich immer noch nach.

Montag, 23. Februar 2009

Sardellenpaste


Meistens kommt irgendsoein Marketingwesen Seite an Seite mit dem Firmenchef und genauso stilsicher wie dieser mit dem Auftrag anmarschiert: Wir brauchen ein neues Design, machense mal was Junges und Frisches, wir müssen neue Kundenschichten ansprechen. Die beiden könnten es natürlich selbst am Besten, aber als Excel-Datei kann man es nicht dem Drucker geben, und außerdem haben sie ja für den Kleinkram ihren Grafiker.
Bei der Tube hier muss irgendetwas anders gelaufen sein. Etwas altbacken zwar, hat mich aber gleich in den Bann gezogen. Für Käufer von Sardellenpaste kann die Ware nicht jung und frisch genug aussehen, aber diese setzt eher auf eine Anmutung der gediegenen Tradition eines kleinem, regionalen und alteingesessenen Familienbetriebs; ein wenig nostalgisch, aber auch sehr vertrauenerweckend. Unwillkürlich muss ich an die Pumpernickelhäppchen und halben Eier mit diversen Pasten aus ähnlichen Tuben denken, die bei Parties meiner Eltern gereicht wurden.
Bei näherem Hinsehen sind dennoch Spuren einer kürzlichen Designauffrischung sichtbar: z. B. die kleinen, silbernen Fische, die bestimmt nicht seit 1955 so dezent im hellblauen Meer schwimmen. Ich glaube trotzdem, dass es sich hier nicht um einen kompletten Neuentwurf im Retro-Look handelt, sondern die behutsame Überarbeitung einer alten Gestaltung. Zugegeben, das nostalgische Design hat mich emotional überrumpelt, aber zum Glück bestätigen der Geschmack und die Qualität mein Bauchgefühl, und dieses ist bei Lebensmitteln absolut im Recht.

Donnerstag, 19. Februar 2009

Stiefelgenosse



Früher habe ich auf Flohmärkten oft ein seltsames Ding aus Messing gesehen: Ein stilisierter Skarabäus, dieser Käfer mit dem Geweih, ungefähr auf 25 cm vergrößert und das Geweih als geschwungenes U geformt. Ich dachte immer, das könnte ein Utensil für den feudalen Kaminbesitzer sein. Die haben manche dubiosen und schweren Gegenstände, gerne aus Schmiedeeisen, denn sie müssen beim Umzug ihre Kisten nicht selbst schleppen.

Die Erkenntnis, dass der Käfer ein Stiefelknecht ist, machte die Sache auch nicht besser. Wozu, bei allem Respekt vor dieser explosiven gymnastischen Übung, sollte man eine Hilfe beim Ausziehen der Stiefel brauchen?
Vor kurzem kreuzte diese klappbare Variante das Revier ihrer Messing-Verwandten, den Flohmarkt. Ich nahm das gute Stück zu Forschungszewcken mit nach Hause und probierte es gleich aus. Eine Offenbarung!

Die Verwendung eines Stiefelknechts bewahrt nicht nur den gestiefelten Menschen vor Verletzungen beim Loswerden des Schuhs, sondern schont auch die Stiefel, besonders wenn man so wie ich dazu neigt, den ersten immer mit Hilfe des andern auszuziehen.
Blieb nur noch die Frage, warum ein Stiefelknecht klappbar und rot sein sollte. Aber die habe ich mir mit den feudalen Kaminbesitzern gerade selbst erklärt; siehe oben.

Mittwoch, 18. Februar 2009

Deckenbemalung

Die Attraktion unserer Büroräume war immer die Decke des Ladenraums. Wer hereinkam und den Blick schweifen ließ, dem fiel irgendwann die Deckenbemalung auf. Wir haben sie beim Renovieren zufällig unter einer dicken Schicht Kreidefarbe entdeckt. Die Schicht mussten wir mühsam abwaschen, um die Decke streichen zu können. Nach und nach kam die ganze, recht gut erhaltene Bemalung zum Vorschein.
Ich war immer stolz darauf, dass wir sie freigelegt haben, aber wirklich schön finde ich sie nicht. Die Malerei an der Ladendecke ist jedenfalls nicht besonders raffiniert in Ausführung und Design, sondern ein wenig bieder und unbedarft antikisierend. Die Tatsache allein, dass sie alt ist und gut erhalten, verleiht ihr noch keinen besonderen künstlerischen Wert. Für mich ist sie so etwas wie eine archäologische Kostbarkeit, der Hüftknochen eines Neandertalers, bei dem ja auch die wenigsten Menschen die Form an sich bewundern, sondern die Seltenheit und das Alter.

Dienstag, 17. Februar 2009

Umzug


Bin am Wochenende aus meinem Büro ausgezogen, weshalb hier eine Weile Funkstille war. Danke nochmal allen, die mir geholfen haben!

Mittwoch, 11. Februar 2009

Hippe


Wir sind alle nur Grashalme. Dann kommt der dünne Mann mit der Sense und das war’s. Das habe ich jedenfalls gedacht, bis ich auf dem Flohmarkt meine zweite Hippe kaufte. Ich blätterte kurz darauf im Bildwörterbuch des Duden-Verlags und erfuhr erst dabei den richtigen Namen dieses Gärtnermessers mit der nach innen geschwungenen Klinge.
Im Duden Herkunfts-Wörterbuch und im Dtv Lexikon schlug ich das Wort nach und lernte, dass wir nicht Grashalme sondern Blumen sind. Oder wenigstens Gewächse in einem Garten. Denn in beiden Büchern wird die Hippe als Werkzeug des Todes geführt. Der Tod kommt demnach als Gärtner.
Im Gegensatz zu Heuwiese oder Getreidefeld hat im Garten das einzelne Gewächs einen höheren Stellenwert. Jedes hat seinen eigenen Zweck und seine eigene Zeit. Der Gärtner greift behutsam ein, ganz im Stile eines Gestalters, dem eine bestimmte Idee von Gleichgewicht zu eigen ist. Er nimmt sich, was er braucht für Kochtopf und Blumenvase oder macht Korrekturen im Sinne eines ästhetischen Konzepts. Ich habe zwar bisher noch keine Darstellung des Todes als Gerippe mit der Hippe gesehen, aber Duden und Lexikon glaube ich gerne.

Samstag, 7. Februar 2009

Teemobil


Hier eine schöne Variante der mobilen Zubereitung von anregenden Heißgetränken. In London wird natürlich der ewige Tee statt Kaffee getrunken. Der Arbeiter im Grünmann stand um die Mittagszeit auf der belebten King's Road. Den Strom für seinen elektrischen Kessel hat er sich aus dem Generator geholt.

Mittwoch, 4. Februar 2009

Kaffeemobil 2


So. Habe den Kaffee probiert. Vom Anschalten bis zum fertigen Trunk vergingen etwa fünf Minuten. Das ist völlig in Ordnung. Der Kaffee wird nach dem Espresso-Prinzip gekocht, das heißt, wenn das Wasser im Tank am Siedepunkt verdampft, steigt dieser Dampf in einem Rohr in den Behälter mit dem Mahlgut, wird vom Druck des Dampfes durch das Kaffeemehl gepresst und kondensiert zu der gewünschten Flüssigkeit, die in der Tasse aufgefangen wird.
Die Temperatur des Kaffees in der Tasse war sehr gut - heiß aber trinkbar. Am Geschmack war eigentlich auch nichts auszusetzen, aber hier muss ich noch ein paar Experimente machen. Dosierung der Kaffeemenge und Kaffeesorte (ich hatte Espresso genommen) erfordern noch mindestens vier Testläufe. Eines steht jedoch fest: An das Trinken aus dem dazugehörenden Plastikbecher kann ich mich mit viel Sportsgeist vielleicht gewöhnen, aber an einem normalen Tag, in einem gemauerten Haus, würde ich einen Becher aus Metall oder Keramik vorziehen.
Noch ein schönes Detail der Gestaltung: Die Warnhinweise laufen wie ein ornamentales Schriftband ganz unten rund um den kleinen Standsockel. Sie sind schon in der Spritzgussform des Sockels angelegt und heben sich nur durch ihre glatte Oberfläche vom etwas rauheren Grund ab. Eine elegante und humorvolle Lösung.

Dienstag, 3. Februar 2009

Kaffeemobil


Für welche besonderen Einsatzbedingungen wurde diese kleine Kaffeemaschine entworfen? Ich habe es noch nicht herausgefunden. Auf jeden Fall sollte bei aller zur Schau gestellten Mobilität der Krupps Café mobil eine Steckdose in der Nähe sein.
Ich mag die Maschine trotzdem, weil beim Design ganz schöne Lösungen für einige Funktionen gefunden wurden. Zum Beispiel besitzt der Stecker eine Schlaufe für den Finger, damit man ihn besser aus der Steckdose herausziehen kann. Das gab es in den 60ern schonmal. Dann gehört noch eine kleine Dose für das Kaffeemehl zur Ausstattung, die schon in vier Tassenportionen unterteilt ist und für den Transport im Wassertank verstaut werden kann.
Und wie der Kaffee daraus schmeckt? Das habe ich noch nie ausprobiert. Für mich war die Kleine immer ein unantastbares Sammlungsstück. Aber das wird sich morgen früh ändern.

Montag, 2. Februar 2009

 
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