Dienstag, 29. Dezember 2015

Ex-Exchange

ex-FairExchange © Harri Brill 2015
Dem Einzug der rappelnden Rollkoffer mit Sylvester-Gästen am Handgriff begegnen diese Rollläden mit stoischem Schweigen. Für immer. Zumindest verdecken sie den Namen Fair Exchange. Mit ziemlicher Sicherheit war ich der allerletzte Kunde des Second-Hand-Buchladens in der Dieffenbachstraße, am Heiligabend dieses Jahres.
Wahrscheinlich begann die sogenannte Gentrifacation schon in den 80ern an diesem Ort. Und wahrscheinlich war, wie so oft, die vorherige Punk-ification der Anfang einer uferlosen Verteuerung kleiner Ladenimmobilien der Umgebung.
Damals war auf jeden Fall ein hingerotzter Plattenladen eine sehr willkommene Neuerung. Das waren außerdem Jungs von meinem Gymnasium, zwei Häuser links von hier, die den Plattenladen in dieser Lokalität betrieben. Musik, Bücher und Schnellimbiss scheinen auch heute noch politisch korrekter zu sein als hochwertige Kochutensilien oder fair gehandeltes Kinderspielzeug. Letztere gehen dekadenterweise über den spartanischen Revolutionsbedarf hinaus.
Irgendwann verdienen dann die jungen, vielleicht immernoch romantischen Bewohner der Gegend etwas mehr Geld, kriegen Kinder, wollen es womöglich nur ein kleines bisschen behaglicher und sauberer. Und so weiter - siehe Prenzlauer Berg.
Es war bereits recht gediegen hier, als das Fair Exchange einzog. Die Betreiberinnen sind zwei schöne, grauhaarige Frauen um die Sechzig. Viele der vielleicht immernoch romantischen Menschen hier bestellen aber inzwischen ihre Bücher, und auch ihre Musik, im Internet. Und ich vermute außerdem, die beiden schönen, grauhaarigen Frauen haben einfach genug von der Arbeit.

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