Mittwoch, 30. November 2016

Apotheken im Advent


Apotheken und ihre Uhren © Fotos: Harri Brill 2016
Wo eine Apotheke ist, ist eine Uhr nicht weit. Das klassische Apothekenstadtmöbel, auf einer Art Ampelmast. Der Würfel darunter leuchtet im Dunkeln, und das Ganze dient als Hinweis auf die Apotheke, von weitem erkennbar. Kann ja mal wichtig sein. Und im Winter fährt im Schaufenster eine Spielzeugeisenbahn durch die Weihnachtsdeko.
Manchmal ist von dem Ensemble nur noch der Würfel übrig. Ohne Uhr, Apotheke und Eisenbahn.

Die Apotheken (von oben nach unten): Dieffenbachstr., Bürkner- Ecke Hobrechtstr. und Kottbusser Damm Ecke Boeckhstr.

Ein Melissengeist auf die Gesundheit von S., zum Wiegenfest!

Sonntag, 16. Oktober 2016

gutes Rad für den Weg


Piste auf den Balearen © Harri Brill 2014

„Blöde Kuh!“, krähen helle Kinderstimmen alle paar Sekunden vom Bürgersteig in mein offenes Fenster. Zwei kleine Mädchen haben vor dem Klamottenladen gegenüber ein neues Lieblingsspiel entwickelt. Immer, wenn Fahrradfahrer/innen den schmalen Bürgersteig als Piste benutzen und sich sogar an engsten Stellen durch Passanten oder spielende Kinder schlängeln wollen, stellen sich die beiden in Weg und rufen „Absteigen!“. Kommt jemand diesem Wunsch nicht nach, erhält er oder sie umgehend einen entsprechenden Kommentar mit auf die Weiterfahrt. 

Besonders Rennräder übrigens, also schmalspurige und feingliedrige, ungefederte Zweiräder, die seit einiger Zeit wieder in Mode sind, eignen sich in Berlin besser zur Dekoration der Besitzer, als zum Fahren auf den Straßen dieser Stadt. Glatte Asphaltstrecken sind die Ausnahme, es gibt viel Kopfsteinpflaster, und auch die Bürgersteige sind nicht gerade jugendfrei.

Mittwoch, 21. September 2016

Reisewerkzeug

Liebe S. und lieber M.!
Danke für das schöne und äußerst interessante Reisewerkzeug! Ihr seht, es gibt hier eine Menge nachzuholen. Einfach dranbleiben.

Dienstag, 20. September 2016

Sport perdü / schickes Shirt


Franz. Handballspieler - Bildschrimfoto Harri Brill © Fernsehbild: ZDF 2016
Keinen Bock mehr auf Sportkonsum im TV. Nicht auf das Produkt Olympische Spiele, und nicht auf die ganzwöchige Fußballberieselungsproduktion. Erklärung  vielleicht ein andermal.

Olympia ist auch eine textile Schlacht. Alleine die deutsche Mannschaft: 421 Starter im einheitlichen Design, doch je nach Sportart variierend eingekleidet. Das reicht vom allgemeinen Interview-Sneaker für alle Sportler bis zum speziellen, bundesdeutschen Fecht-Kniestrumpf.

Aus Rio wehte mich beim Betrachten der Handballspiele noch einmal zart ein olympischer Hauch an. Das Spielfeld und seine Zonen waren als solche erkennbar und NICHT von Werbung zugepflastert. Endlich mal wieder! Ebenso ungestört konnte man die Gestaltung der Spielertrikots betrachten, wogegen ja die Leibchen der deutschen Handball-Bundesligamannschaften so bunt etikettiert sind wie die Fahrzeuge der Formel 1. Und ebenso unkenntlich.

Hier mein textiler Olympia-Favorit:
Das Handball-Shirt der französischen Handball-Männermannschaft. Zwei verwandte Blautöne als Hauptfarben, schlicht getrennt zwischen Schultern und Rumpf, und ein feiner roter Streifen an den Ärmeln.

Übrigens: Ein Zeugwart für Handballer bei Olympia sollte pro Partie mindestens zwei Hemden für jeden Spieler bereithalten. Wenn es nicht wie üblich vom Gegner zerissen wird, ist das Trikot nach dem Spiel trotzdem unbrauchbar, völlig verklebt vom Harz an den Händen aller Spieler. Das macht, sparsam berechnet, mindestens 140 Shirts bei einer einzigen teilnehmenden Mannschaft, wenn dieses Team zehn Feldspieler pro Spiel einsetzt (völlig normaler Wert), und es ins Finale schafft. Und das ohne Berücksichtigung verschiedener Kleidergrößen. Allerdings inklusive der andersfarbigen "Auswärts"- Trikots.

Samstag, 16. Juli 2016

frisch gebohnert/morgen letzter Tag

Treppe © Harri Brill 2016
Ich kann mir keine Witze merken. Vier oder fünf höchstens.
Einer geht so:
"Immer, wenn ich in Ihre Bäckerei komme, heißt es 'Schrippen von gestern für 10 Cent!'. Ich möchte aber bitte eine Schrippe von heute!"
"Da müssense morgen wiederkommen!"

Seit sieben Jahren wohne ich in diesem wunderbaren Haus. Meine Mitbewohner, inklusive putzendem Hauswart und dem verantwortlichen Haushandwerker samt Ehefrau möchte ich hiermit grüßen.
Gebohnert wird schon lange nicht mehr, trotzdem alles picobello. Und wenn Schlüssel oder Schloss versagen, stehen alle auf der Matte. Dankeschön!

Auch sieben Jahre (unfassbar nun offenbar zu Ende): siehe hier

Dienstag, 21. Juni 2016

eine Mannschaft

Cover der Single,  © Datum und Urheber nicht auf Cover und Platte angegeben
Vor zwei Wochen lernte ich den algerischen Künstler Nassim Rouchiche beim Aufbau dieser Ausstellung kennen. Wir verständigten uns notdürftig in englischer Sprache. Nach kaum fünf Minuten Plauderns landeten wir beim Thema Fußball. Klar: WM 2014, Algerien, Eistonne.
"Was ist dein Lieblingsteam?", fragte er.
Nassim freute sich über meine Antwort, denn vom BVB stammt auch sein Lieblingsteam, und zwar nicht irgendeins. Nicht die alten Europa-Pokalsieger, und nicht die aktuellen Vizemeister, sondern tatsächlich die glorreichen Meister von 1995 und 96. Er kannte die Namen aller Spieler, auch die von Heinrich und Herrlich, welche sich in seinem französich klingenden Akzent nur anhand der Vornamen unterscheiden ließen.

Vor 50 Jahren holte die Dortmunder Mannschaft auf dem abgebildeten Cover der Single als erste deutsche Mannschaft einen europäischen Vereinspokal, den Pokal der Pokalsieger. 

Mittwoch, 18. Mai 2016

Ex-Exchange 2 / Was folgte

Nachfolge © Harri Brill 2016

„Ein ganzer Laden voller Dinge, die niemand  braucht“, sagt eine Frauernstimme neben mir direkt in mein Herz. Die Stimme gehört einer Dame im jungen Großmutteralter. Sie und ihre äußerlich sehr ähnliche Begleiterin waren zweckmäßig bis sportlich gekleidet, wie für einen mehrstündigen Stadtspaziergang. Sie besuchten schätzungsweise ihre jüngst nach Berlin übergesiedelten erwachsenen Kinder anlässlich neu geborener Enkel und gehörten nach meinem vorschnellen Urteil eigentlich zur potentiellen Kundschaft für dekoratives Wohnzubehör.
Ich schnappe den Satz im Vorbeigehen auf, als die beiden gerade ein Geschäft in der Dieffenbachstraße verlassen. Der Laden heißt irgendwas mit „Lily“ und war in dieser Strasse der erste seiner Art. Inzwischen sind es vier oder fünf auf den 700 Metern.
Der Neueste residiert nun in den Räumen des ehemaligen Ladens für gebrauchte Bücher Fair Exchange, den ich hier am 29.12.15 verabschiedet habe.

Mittwoch, 27. April 2016

beste Nebenrolle: Lettera 22

Lettera 22 in Reisetasche © Harri Brill 2009
Vor kurzem sah ich die Schreibmaschinenikone Olivetti Lettera 22 im Fernsehen. Der Film Homo Faber lief zu ziviler Abendzeit auf 3sat. Volker Schlöndorf verfilmte den Roman von Max Frisch 1991 mit Sam Shepard, Barbara Sukowa und Julie Delpy. Das Werk sieht viel älter aus, wirkt etwas hölzern und kühl, und ist holperig geschnitten. Aber Julie Delpy macht Spaß, und die Story kannte ich noch nicht. Denn im Gegensatz zu den jungen Damen M. und K. musste ich im Deutschunterricht von Max-Frisch Andorra  lesen, und nicht Homo Faber.
Auf dem Flohmarkt am Sonntag entdeckte ich das Buch und stieß beim ersten Durchblättern zu meiner Freude auf viele namentlich genannte, technische Produkte, Flugzeugtypen zum Beispiel. Mit diesen Details untermalt Frisch das rational denkende Wesen des Ingenieurs Faber.
Im Film ist die Olivetti besonders am Anfang oft im Bild, mal in der hier abgebildeteten Reisehülle, mal auf den Knien des Ingenieurs, und auch mit sichtbarem Olivetti-Schriftzug.
Im Buch fand ich dann tatsächlich, wie erhofft, die Bezeichnung von Fabers Reiseschreibmaschine.
Aber es ist, anders als im Film, eine Hermes-Baby, und die ist auch nicht ohne.

Musik dazu von Yello: Si Señor The Hairy Grill (1987)

Montag, 25. April 2016

“Since you’ve been gone I can do whatever I want”*


"Was ist mein liebster Song von diesem Genie?“, muss ich mich nun schon wieder fragen. Der Text von Nothing Compares ist mein Favorit. Aber das bekannte Video mit Frau O’Connor passt nicht dazu. Bei der Musik von Prince allgemein geht es mir wie mit einem anderen Genie, Mozart. Hoch geschätzt, aber selten gehört.
Auf meinem Plattenteller liegt also endlich mal wieder die Scandalous Sex Suite von Prince aus dem Batman Soundtrack von 1989. Eine EP. Es gibt sogar Bässe darauf, auch wenn sie synthetisch sind. Sonst selten bei seinen Werken der 80er, deren Musik im Gegensatz zu den Texten oft sehr trocken wirkt, aber trotzdem erstaunlich groovt. Prince hatte eine Phase, in der in jedem Song dieses Knacken war. Eine Mischung aus Handclaps und dem Zusammenschlagen seiner kleinen Absätze auf einem Holztisch, der ohne Beine in der Luft zu schweben schien. Über alle Platten hinweg ist die Musik im Ganzen immer absolut amerikanisch (ohne Wertung).
Die Scandalous Sex Suite passt sehr gut zum Gedenken an Mr. Nelson. Es ist alles drin, was Prince besonders macht, und es wird in entspannter Seelenruhe ausgebreitet. Die Langspielplatte mit der Filmmusik hätte ich als DJ immer dabei, schon wegen Lemon Crush.
Es gibt noch einen Verrückten wie Mozart und Prince, auch ein Popmusiker. Er könnte wohl ebenso eine beeindruckende Filmmusik zu Batman schreiben, oder zu einer Verfilmung von Peter Pan. Aber zum Glück lebt er, darum nenne ich abergläubischerweise seinen Namen lieber nicht.

*komponiert von © Prince 1985

Dienstag, 29. März 2016

Schiefe Kegel / London 1996/3


schiefer Kegel mit Zylindern © Harri Brill 2016
schiefer Kegel vor Ketchup © Harri Brill 1996

„Sind die Zigaretten in der dunkelblauen Verpackung stärker, oder die in der hellblauen?“, frage ich den netten Verkäufer im Späti. Er studiert draufhin die Nikotinwerte auf den Päckchen.
„Hier steht 1,0. Und hier steht 0,8.“, antwortet er.
„Also sind die ersten stärker. Danke.“, sage ich.
„Wieso, die Acht ist doch eine höhere Zahl als die Eins?“

Vielleicht ist die Wiedergabe dieses Gesprächs mit mathematischem Inhalt nicht ganz fair. Aber ich frage mich gerade beim Anblick eines alten Dias aus London, ob der geometrische Körper „Schiefer Kegel“ in freier Wildbahn überhaupt noch wahrgenommen wird, geschweige denn, jemanden vom Hocker reißt.
Ingenieure anscheinend schon. Das Foto mit den Betonteilen für die Kanalisation machte ich letztens am Landwehrkanal, Baerwaldsraße Ecke Carl-Herz-Ufer.

Die englische Küche wird in ihrer Vielfalt häufig unterschätzt, das sagte ich bereits. Nicht nur in kulinarischer Hinsicht, sondern auch in geometrischer, wie ich in einem Cafe im damals nicht sehr glamourösen Süden Londons entdeckte. Die Menage von Saucen und Gewürzen mit der schiefkegeligen Plastikflasche für den Essig stand vor zwanzig Jahren auf dem Tisch eines stinknormalen Cafes in Elephant&Castle. Ich glaube nicht, dass in meinem Burger Rinderwahn war, aber ein bisschen Bammel hatte ich damals auch. Schönen Gruß!

Sonntag, 21. Februar 2016

Italienerinnen im Musuem

Italienerinnen im Musuem - Vor- und Rückseite © Fotos: Harri Brill 2016
Tausend Fragen, wie immer beim Besuch der Ethnologischen Museen in Dahlem. Wie kann man Völkerkunde zeitgemäß ausstellen?, lautet das Oberthema dieser Fragen.
Nach meiner spontanen Einschätzung nimmt die Zahl der Fragen und Zweifel mit zunehmendem Alter der Exponate ab. Alte Steine aus Mittelamerika? Eigentlich kein Problem, sondern gewohnte Museumskost, und hier sehr schön präsentiert. Die gewichtige Frage dazu schwebt ja stets als luftiger Geist im Hintergrund: Warum sind diese Dinge eigentlich in Berlin, und nicht am Ort ihrer Herkunft? Allerdings habe ich in dieser Abteilung keine Texte gelesen.

Nun zu den Italienerinnen. Es ging in dieser Sonderausstellung um zehn Frauen, die innerhalb der letzten fünf Jahre nach Deutschland kamen, vor allem nach Berlin. Sie werden in der Ausstellung mit jeweils einem Sockel präsentiert. Darauf einige Gegenstände, die sie mitgebracht haben, und jeweils ein Foto der Frau. Die Sockel waren entlang eines roten Klebestreifens, dem roten Faden, auf dem Boden miteinander verbunden, im Rahmen der Dauerausstellung über Europa.

Der Schlüssel zu den Exponaten lag für mich in den umfangreichen Texten, die als laminierte Blätterbündel am Sockel hängen. Es gibt eine Liste von ca. fünf oder sechs Fragen an jede Frau über den Hintergrund zum Ortswechsel, sowie Eindrücke und Perspektiven. Die Frauen sind sich auf gewisse Weise ähnlich. Ihre Antworten erzählen einige Dinge über Berlin; die man als Alteingesessener kaum wahrgenommen hätte.
Fazit: Gerne mehr davon! Breiteres Spektrum, und noch anschaulicher aufbereitet. Da es viel zu lesen gibt, hätte ich mir dafür mehr Bequemlichkeit gewünscht, und auch etwas zum Mitnehmen  - Heft oder Katalog zum Beispiel.


Freitag, 12. Februar 2016

fasten - seat - belt


Zahlen am Gürtel © Harri Brill 2016
Nur wegen der griffigen Überschrift taucht das Wort seat hier auf. Hat aber wenig mit dem Inhalt zu tun. Übrig bleiben also Fasten und Gürtel:
Klar, den Gürtel enger schnallen werden demnächst alle, die zur Zeit fasten, ob sie letzteres wollen oder nicht. Den Bewohnern der Nordhalbkugel stünde zum Beispiel ein generelles Nachdenken über ihren Fleischkonsum gut zu Gesicht, oder über ihre fleischfressenden Schoßtierchen. Auch mit Auswirkungen auf die Anzahl der zukünftigen "Umweltflüchtlinge".

Schönes Luxus-Fasten haben die inzwischen schmaleren und windschlüpfrigen Jungs von Borussia Dortmund durchgezogen - Verzicht auf Kohlehydrate. Im Gegenzug machen sie das Spiel erfreulich breit.
Dieser Gürtel hat jedenfalls erfreulich breite Löcher, sie sind oval ausgestanzt. Das erleichtert das Einfädeln und erhebt die übliche Deformierung runder Löcher bei Überlastung im Voraus zum Gestaltprinzip für alle Löcher. Italienisches Design.
Es geht noch weiter.
Die ovalen Löcher sind jeweils mit einer Zahl gekennzeichnet (zur Vergrößerung aufs Bild klicken). Das finde ich sehr aufmerksam, wäre allerdings aus meiner Sicht nicht unbedingt nötig gewesen. Ich nehme einfach das Loch, das passt. Dennoch, hier finde ich ausnahmsweise, mehr ist mehr. Kann ja sein, dass jemand ohne Waage ab- oder zunehmen möchte, oder - noch interessanter - sich diesen Gürtel mit einer Person anderen Bauchumfangs teilt, und beide sich dabei an der Stellung des Lochs am Gürtel orientieren.

Es gibt noch ein weiteres, sehr durchdachtes Feature an diesem unscheinbaren Gürtel. Es betrifft die beiden Schlaufen für den manchmal zappeligen Gürftelrest hinter der Schnalle. Später mehr dazu.

 
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