Sonntag, 25. September 2011

entwöhnen


Aschenbecher © Harri Brill 2011

Nicht zum ersten Mal steht ein Stapel dieser schlichten Aschenbecher auf dem Fensterbrett des Treppenhauses. Hat einer der Mieter aussortiert und auf der letzten Stufe vor der Mülltonne zum Verschenken angeboten.
Wir anderen Mieter beißen nicht so recht an; die drei Ascher warten seit zwei Tagen unangetastet auf den nächsten Nutzer.

Als Produkte sind Aschenbecher dieser Bauart fast archetypisch. Sie kosten wahrscheinlich im Ein-Euro-Shop nur einen Euro und sind so unauffällig, dass niemand sie als Souvenir von einem Kneipentisch stehlen würde.
Es besteht immerhin die Möglichkeit, dass der ehemalige Besitzer seine Zigarettenasche in erlesenere Gefäße schnippen und die gesichtslosen Objekte daher abstoßen wollte. Meine favorisierte Theorie ist jedoch, dass sich hier jemand das Rauchen abgewöhnt.

Dienstag, 20. September 2011

Sitz-Nomade


Lederprägung auf Sitzfläche © Harri Brill 2011

Mein Ex-Kamelhocker könnte Geschichten erzählen. Nicht nur die in Leder geprägten auf dem Sitzkissen. Denn letzten Sonntag landete er mindestens zum zweiten Mal in seinem Produktsein auf dem Flohmarkt.
Ich transportierte meine Ware in drei Koffern mit einem Handwagen zum Markt. Sind nur etwa 400 Meter bis dahin. Der Hocker balancierte auf den Koffern.
Die nordneuköllner Bohéme schlummerte noch an diesem regenschwangeren Sonntagmorgen, als mich auf dem Gehweg ein Nachfahre der Pharaonen wegen des Hockers ansprach. Es dauerte eine Weile, bis ich verstanden hatte, dass er den Hocker kaufen wollte. Ich war im Halbschlaf kaum 100 Meter gegangen, und wir waren die einzigen Menschen weit und breit.
Ich nannte meinen Preis. Er winkte ab. Aber ich war nun sicher, dass ich das Ding heute gut verkaufen würde.

Sonntag, 11. September 2011

graue Maus


BMW K100 © Harri Brill 2010

Sie turnten bei festlichen Anlässen fahrenderweise zu zwölft in Pyramidenformation an einem einzigen Motorrad, sie regelten den Verkehr, wenn Ampeln ausgefallen waren, sie waren die harten Hunde bei Routinekontrollen an Fahrzeugen, und sie eskortierten Staatsbesuch zum Rathaus Schöneberg: Die "Weißen Mäuse".
So wurden in Berlin einst Beamte der Verkehrspolizei auf Motorrädern genannt. Ab 1873 trug bereits die "Infanterie" der neu gegründeten Verkehrspolizei weiße Uniformteile, wegen der besseren Sichtbarkeit. Mitunter auch weiße Friesennerze in Mantellänge.

Im Zuge allgemeiner Motorisierung nach den Weltkriegen bretterten die Weißen Mäuse traditionell auf BMW-Maschinen durch die Stadt. 2008 wurden nach einem umstrittenen Auschreibungsverfahren erstmals 35 Moto Guzzi statt der Bayrischen Motorräder für die berittenen Ordnungshüter bestellt. Eine besonders heikle Wahl, weil die BMW-Bikes seit 1967 direkt um die Ecke, nämlich in Spandau produziert werden. Der Tagesspiegel berichtete.

Das Modell im Bild, die K100 wurde von 1983-89 im Werk Spandau gebaut. Die Koffer würde ich einfach wegschmeißen, oder vielleicht besser für ein paar Tankfüllungen an 80er-Retro-Nerds vertickern. Der Motorblock ist definitiv ein Abschied von der romantischen Nacktheit des Kraftspenders, aber trotzdem funktional in die Statik des Ganzen integriert und eigentlich das Originellste an der Maschine. Denn der kantige Gesamteindruck scheint der Legende Suzuki Katana von 1981 entlehnt, entworfen übrigens vom deutschen Team Target-Design.

Sonntag, 4. September 2011

offene Tür

offene Tür © Harri Brill 2011
Sonnenalle. Seltsamer Name für eine Straße. Wie aus einem Kinderbuch. Der gleichnamige Film interessiert mich übrigens nicht. Ganz im Gegensatz zu der genialen Schöpfung auf den Fotos. Gefunden in der Sonnenalle. Habe bisher noch keine bessere Lösung zum Offenhalten einer Haustür gesehen und ausprobiert. Es geht um den Winkel aus Aluminium. Der Stummel von rot lackiertem Metall ist wahrscheinlich nur der Rest eines untauglichen Vorgängers. Der Winkel lässt sich spielend leicht mit dem Fuß um 90° zum Halten oder Lösen der Haustür drehen. Man erkennt das Prinzip sofort und braucht zur Benutzung nicht mal die Hände frei zu haben.

Donnerstag, 1. September 2011

Goldflügel



Honda CB450 © Harri Brill 2011

Einst war ich stolzer Besitzer einer solchen Honda, allerdings im Maßstab 1:16, zusammengebastelt aus einem Bausatz der Firma Airfix. Diese Bausätze waren damals ziemlich populär, und immer wenn einer von uns Jungs Geburtstag hatte, landete mindestens ein Jagdflugzeug auf dem Gabentisch, im Pappkarton die Plastikteile an kleinen Ästen aus Plastik wie die Beeren einer Traube zum Pflücken aufgereiht.

Später besaß ich eine fahrtüchtige CB200 im Maßstab 1:1. Da glänzten die Flügel des Markenzeichens nur noch silbern. Sie war kein so wegweisendes Produkt wie die CB450. Und leider auch nicht ganz so schnell.
 
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